Female Entrepreneurship Erst Pokerqueen, dann Knast: Jessica Chastain über ihre Rolle als Molly Bloom

Erst Pokerqueen, dann Knast: Jessica Chastain über ihre Rolle als Molly Bloom

Erst Pokerqueen, dann Knast. „Molly’s Game“ ist eine Ode an eine starke Frau. Hauptdarstellerin Jessica Chastain über die echte Molly Bloom und ihre eigene Rolle in Hollywood.

Das Interview führte Patrick Heidmann

Frau Chastain, während der Vorbereitung auf Ihre Rolle haben Sie die echte Molly Bloom getroffen. Wie war das?

Anfangs war ich, muss ich offen zugeben, ein bisschen voreingenommen. Aber als wir uns trafen und lange unterhielten, öffnete mir das die Augen, und mir wurde klar, was für eine beeindruckende Frau sie tatsächlich ist.

Was genau hat Sie denn beeindruckt?

Auf einer eher schlichten Ebene finde ich es einfach sehr inspirierend, wie oft sie sich nicht hat unterkriegen lassen. Egal wie oft sie umgehauen wird – und das wurde sie ja wahrlich nicht nur einmal –, sie steht doch jedes Mal wieder auf und macht weiter. Das muss man erst einmal schaffen. Darüber hinaus faszinierte mich noch eine zweite Ebene, die weniger mit ihrer Persönlichkeit zu tun hat.

Nämlich?

Ich fand es bemerkenswert, wie sehr sich an Molly ablesen lässt, was unsere Gesellschaft mit Frauen macht. Denn die Molly, die diese Pokerrunden leitete und all das Geld scheffelte, war nicht wirklich sie selbst, sondern eine von ihr selbst geschaffene Kunstfigur, modelliert nach den Ansprüchen, die unsere Gesellschaft an Frauen mit Macht und Ambitionen stellt. Denn egal was eine Frau kann oder sagt – das ist nichts wert, wenn sie für Männer nicht sexuell begehrenswert ist. Diese Lektion lernt Molly spätestens, als ihr Boss sie runtermacht für ihr Kleid und ihre Schuhe. Also kauft sie sich ein Outfit, das eigentlich null ihr Ding, aber sexy ist. Nach und nach verändert sie sich dabei so sehr, dass ihr Anwalt schließlich sagt, sie könne so nicht vor Gericht, denn sie sehe nur noch aus wie eine Erotikfilmversion von Molly Bloom. Mich hat das an die Kardashians erinnert. Die haben auch geschnallt, dass Frauen zunächst einmal für ihr Äußeres beurteilt werden – und daraus dann auf erstaunliche Weise Kapital geschlagen.

Das kann man auch über Molly Bloom sagen. Mitspieler mussten sich mit bis zu 250 000 Dollar in die Pokerrunden einkaufen, die sie veranstaltet hat. Doch am Ende ist sie gescheitert. Das FBI warf ihr vor, einem ihrer Kunden bei der Geldwäsche geholfen zu haben. Hatte sie zu hoch gepokert?

Eben nicht, Molly Bloom selbst war ja keine Zockerin. Ganz im Gegenteil, sie war jemand, der überhaupt nichts davon hielt, dem Zufall auch nur irgendetwas zu überlassen. Stattdessen hat sie immer auf intensivste Vorbereitung gesetzt. Gescheitert ist sie letztlich daran, dass sie nicht machen wollte, was Männer sie angewiesen haben zu tun. Angefangen bei ihrem Vater über ihren ersten Boss und Spieler X, wie er im Film heißt, bis zu den Gangstern, die sie bedrohten, und schließlich den Leuten vom FBI, mit denen sie nicht kooperierte.

Haben Sie selbst einen Bezug zum Poker?

Meine Mutter hat mir Pokern beigebracht, als ich noch ziemlich klein war. Wir haben immer um die Süßigkeiten gespielt, die ich an Halloween von meiner „Süßes oder Saures“-Tour mit nach Hause brachte. War ein cleverer Schachzug meiner Mutter, unseren Zucker-Input zumindest ein bisschen zu reduzieren, denn ich habe natürlich ständig verloren. Der Funke ist aber nie übergesprungen. Ob Pokern oder Pferdewetten – Glücksspiel lässt mich kalt. Nein, schlimmer: Während andere den Kick des Nervenkitzels lieben, kriege ich davon eher Panik. Die Bank gewinnt letztlich sowieso immer. Eigentlich bin ich da Molly Bloom recht ähnlich: Auf Glück und Zufall möchte ich nicht setzen, nur auf harte Arbeit.

Insgesamt gibt es viele Schauspieler, die pokern. Zufall? Oder ist dieses Sich-nicht-in-die-Karten-schauen-Lassen etwas, was man in Ihrem Beruf einfach gut kann?

Im Gegenteil. Für mich hat ein Pokerface gar nichts mit Schauspielerei zu tun. Beim Bluffen geht es ja um Manipulation, darum, die Wahrheit eben gerade nicht zu zeigen. In meinem Job ist das Gegenteil das A und O. Da ist zwar die Ausgangslage eine fiktive, aber dann geht es vor allem um Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit und eben nicht ums Lügen.

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